Das Schulsystem im Freistaat Thüringen ist in vier Bildungsstufen unterteilt: den Primarbereich,
den Sekundarbereich
I,
den Sekundarbereich
II und
den tertiären
Bereich.
Es bietet eine Vielzahl an Schullaufbahnen, die auf die individuellen Fähigkeiten und Interessen der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sind. Im Folgenden wird das System ausführlich
dargestellt.
Primarbereich (Klassen 1–4)
Der Primarbereich umfasst die Grundschule, die alle Kinder in Thüringen ab der ersten Klasse besuchen. Es gibt zwei
Schultypen:
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Grundschule:
Die Grundschule ist die klassische Schulform im Primarbereich. Sie vermittelt grundlegende Kenntnisse in Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachkunde sowie Kunst und Musik. Ab der dritten Klasse wird
Fremdsprachenunterricht angeboten, meist in Englisch.
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Gemeinschaftsschule:
Diese Schulform beginnt bereits in der Primarstufe und ermöglicht ein längeres gemeinsames Lernen. Sie bietet eine flexible Schuleingangsphase, in der Schülerinnen und Schüler individuell gefördert
werden.
Die reguläre Verweildauer im Primarbereich beträgt vier Jahre. Am Ende der vierten Klasse erfolgt eine Empfehlung für die weiterführende Schule. Diese
basiert auf den schulischen Leistungen und einer pädagogischen Einschätzung. Eltern haben jedoch das Recht, unabhängig von der Empfehlung die Schulart für ihr Kind zu
wählen.
Sekundarbereich I (Klassen 5–10)
Nach der Grundschule stehen den Schülerinnen und Schülern verschiedene Schularten offen:
1. Regelschule
Die Regelschule vereint Haupt- und Realschule und führt zu zwei möglichen Abschlüssen:
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Hauptschulabschluss (nach
Klasse 9): Dieser ermöglicht den Einstieg in eine Berufsausbildung oder weiterführende Bildungswege.
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Realschulabschluss (nach
Klasse 10): Mit diesem Abschluss können Schülerinnen und Schüler entweder eine Berufsausbildung beginnen oder in die gymnasiale Oberstufe wechseln.
In den Klassen 5 und 6 findet ein abschlussübergreifender Unterricht statt, um eine Orientierung zu ermöglichen. Ab Klasse 7 erfolgt die Differenzierung
nach Abschlussziel entweder durch integrativen Unterricht (gemeinsames Lernen) oder durch additive Organisation (Trennung nach Leistungsgruppen).
2. Gemeinschaftsschule
Die Gemeinschaftsschule ermöglicht ein längeres gemeinsames Lernen bis mindestens Klasse 8:
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Alle allgemeinbildenden Abschlüsse können erworben werden: Hauptschulabschluss, Realschulabschluss oder Abitur.
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Die Entscheidung über den angestrebten Abschluss wird flexibel getroffen, oft erst ab Klasse 9 oder 10.
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Besondere Merkmale: Jahrgangsübergreifender Unterricht, Tutorensysteme und individuelle Förderung.
3. Gymnasium
Das Gymnasium bereitet auf das Abitur vor:
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Es umfasst die Klassen 5 bis 12.
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Mit der Versetzung in Klasse 10 wird ein dem Realschulabschluss gleichwertiger Abschluss erreicht.
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Zielgruppe: Schülerinnen und Schüler mit ausgeprägten theoretischen Fähigkeiten.
4. Gesamtschule
Die Gesamtschule ist eine integrative Schulform:
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Sie bietet sowohl Hauptschul-, Realschulabschlüsse als auch das Abitur an.
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Der Unterricht erfolgt entweder integrativ (gemeinsames Lernen) oder additiv (Trennung nach Leistungsniveaus).
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Die gymnasiale Oberstufe umfasst hier die Klassen 11 bis 13.
Förderschulen
Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt es Förderschulen:
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Sie begleiten Schülerinnen und Schüler vom Primarbereich bis zum Sekundarbereich II.
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Auch hier können allgemeinbildende Abschlüsse wie Hauptschulabschluss oder Realschulabschluss erworben werden.
Sekundarbereich II (Klassen 11–13)
Der Sekundarbereich II umfasst die gymnasiale Oberstufe sowie berufliche Schulen. Er bereitet auf die allgemeine Hochschulreife oder berufliche
Qualifikationen vor.
Gymnasiale Oberstufe
Die gymnasiale Oberstufe kann an Gymnasien, Gemeinschaftsschulen, Gesamtschulen oder beruflichen Gymnasien besucht
werden:
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Sie dauert in der Regel drei Jahre (Klassen 10–12 bzw. 11–13 an Gesamtschulen).
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Das Abitur ist der höchste allgemeinbildende Abschluss und berechtigt zum Studium an Universitäten.
Berufsbildende Schulen
Berufsbildende Schulen bieten eine Kombination aus beruflicher Ausbildung und schulischer Bildung:
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Abschlüsse: Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Fachhochschulreife oder berufliche Qualifikationen.
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Berufliche Gymnasien ermöglichen ebenfalls den Erwerb des Abiturs mit fachspezifischen Schwerpunkten wie Wirtschaft oder Technik.
Tertiärer Bereich
Nach dem Sekundarbereich II folgt der tertiäre Bereich:
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Hochschulen wie Universitäten, Fachhochschulen oder duale Hochschulen bieten Studiengänge an.
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Fachschulen ermöglichen eine berufliche Weiterbildung ohne Studium.
Besonderheiten des Thüringer Schulsystems
1. Inklusion
Thüringen fördert seit vielen Jahren inklusiven Unterricht:
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Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden möglichst in Regelschulen integriert.
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Netzwerkförderzentren unterstützen Lehrkräfte bei der Umsetzung inklusiver Bildungskonzepte.
2. Individuelle Förderung
Das Thüringer Schulsystem legt großen Wert auf individuelle Förderung:
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Gemeinschaftsschulen bieten flexible Lernwege und gezielte Unterstützung für Schülerinnen und Schüler aller Leistungsniveaus.
3. Berufsorientierung
An Regelschulen und beruflichen Schulen spielt Berufsorientierung eine zentrale Rolle:
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Praktika, Berufsinformationstage und Kooperationen mit Unternehmen erleichtern den Übergang von der Schule in den Beruf.
Fazit
Das Schulsystem in Thüringen zeichnet sich durch seine Vielfalt aus. Es bietet flexible Bildungswege, die es jedem Kind ermöglichen, entsprechend seiner
Fähigkeiten gefördert zu werden. Von der Grundschule über weiterführende Schulen bis hin zu beruflichen Schulen oder Hochschulen schafft das System zahlreiche Optionen für eine erfolgreiche
Bildungsbiografie.